Inklusionsgefahr
„Was ist für uns Inklusion? Ganz sicher keine Illusion.“*
Unter diesem Motto besuchte die Klasse der Heilerziehungspflege des GBBK das Inklusiv Festival. An der RÜ Bühne in Essen zeigten Sahar Raie, André Dinter und Ingo Broggiato das Stück „Inklusionsgefahr“.
Auf der kleinen publikumsnahen Bühne wurde die WG um den Nerd Ed und die Schreiberin und Schauspielerin Manna beleuchtet. Die beiden Freunde bekommen Besuch von Sylvies altem Freund Micki, welcher mittlerweile erfolgreicher Geschäftsmann ist.
„Reduzier Dein Egoismus und damit Kapitalismus.“*
In gängigen Alltagssituationen stellt sich die Frage: Passt Michael hier nicht rein?! Oder sind Sylvie und Ed hier nicht gesellschaftskonform?
Nicht immer ganz jugendfrei – deshalb ab 16 – und auch mal sehr extrem führte uns Sahar Raie durch Ihren WG-Alltag, welcher von Freunden, Nachbarn und Bekanntschaften geprägt ist, die alle ihre Vorurteile und Geschichten mitbringen.
„Stets nur nehmen, ohne zu geben, so wollen wir nicht weiterleben.“*
Aber wird hier nur der ganz normale Alltag einer Wohngemeinschaft beleuchtet? Natürlich nicht! Schnell entsteht die Gefahr hier nur Ed mit seinen autistischen Zügen in die Inklusionsecke zu schieben. Doch es geht tiefer. Das scheinbar Offensichtliche ist eben nicht immer offensichtlich. Die spannende Geschichte der Autorin, die laut, etwas exzentrisch und turbulent in den verschiedenen weiblichen Rollen sehr viel von sich preisgibt, bringt dem Zuschauer die psychische Persönlichkeitsstörung Borderline näher.
Besonders erfreulich für die Klasse der Heilerziehungspfleger war das anschließende nahegehende Gespräch mit den Schauspielern.
„Schenke immer neu Vertrauen, so kannst du ein Wir aufbauen.“*
Sahar stellte sich sehr offen den doch auch sehr kritischen Fragen des Publikums. Dabei wurden interessante Themen angeschnitten. Sind wir alle schon vollkommen genervt nur von dem Wort „Inklusion“? Und raubt sie sich allein durch ihren Titel des Stückes den Boden dessen? Und was genau ist denn nun eigentlich Borderline? Und wie geht sie ganz persönlich damit um?
Ja vielleicht ist das Thema schon „ausgelutscht“ und dann noch präsentiert von einem „Nobody“, aber was Sahar richtig erkannt hat, was in unserer Gesellschaft noch nicht angekommen ist, kann auch nicht ausgelutscht sein. Wie sehr sie das Thema beschäftigt hat, zeigt nicht nur der lange Prozess der Entstehung, sondern auch ihre Gedanken, die sie uns versucht zu vermitteln.
Jung, Weiblich, Schauspielerin, Regisseurin und Borderline!? Wir sagen das geht sehr gut! Am Ende des Abends sitzen viele verschiedene Menschen zusammen in einem kleinen Theater und üben sich in Menschlichkeit. Und man ist sich einig, egal welchen Namen man dem ganzen gibt:
„Veränderung ist immer Arbeit“*
Wer Lust bekommen hat sich selbst eine Meinung zu bilden: Am 27. Und 28.10.2017 zeigt das Ensemble im Thealozzi Theater in Bochum noch einmal was es kann.
*Song: WIR-Gefühl. Songwriter: André Dinter, Martin Söchting, Sahar Raie